Originaltext von 1993 in neuer Rechtschreibung
Schon lange vor der Ortsgründung Bischofsheims durch die Franken (um 500 n. Chr.) wurde das Gebiet der heutigen Gemeinde wiederholt zu Siedlungszwecken aufgesucht.
Die Sesshaftwerdung des Menschen vollzog sich am Übergang von der Mittelsteinzeit (Mesolithikum, ca. 8000 - 5500 v. Chr.) zur Jungsteinzeit (Neolithikum, ca. 5500 - 1800 v. Chr.) und gilt bis heute als die größte Revolution der Menschheitsgeschichte. Dieser Vorgang hatte aus umherziehenden Jägern und Sammlern sesshafte Ackerbauern gemacht, die die Fertigkeit erwarben, Häuser zu bauen und Gefäße aus Ton herzustellen.
Scherben solcher Tongefäße aus der ältesten Phase der Jungsteinzeit (Linearbandkeramik, ca. 5500 - 4800 v. Chr.) wurden in der Weisenauer Gasse gefunden, weshalb damit zu rechnen ist, dass hier eine menschliche Niederlassung bestanden hat. Der Epoche der Jungsteinzeit gehören außerdem eine Felsgesteinsaxt (Fundort: Berliner Straße 8) und zwei weitere Steinbeile (Fundort: Gutenbergstraße; südlicher Ortsausgang) an.
Ein am Ende der Jungsteinzeit aufkommender neuer Werkstoff, die Bronze, gab der darauffolgenden Epoche, der Bronzezeit (ca. 1800 - 750 v. Chr.), ihren Namen. Auf dem Gebiet der Flur 8 (Sandgrube am Weg nach Ginsheim) kamen drei Gräber aus diesem Zeitraum zu Tage. Das älteste ist um 1300 v. Chr. anzusetzen ("Jüngere Hügelgräberbronzezeit"), die beiden anderen gehören der jüngeren Phase der Bronzezeit, der sog. "Urnenfelderkultur" an und datieren in die Zeit von ca. 1200 - 900 v. Chr. Eine zweite Grabgruppe der Urnenfelderkultur, die sich aus vier Brandgräbern (ca. 1200 v. Chr.) und einer "Opfergrube" mit Tierknochen zusammensetzt, wurde in den 50er Jahren in der Rüsselsheimer Straße aufgedeckt. Die Funde aus den Gräbern sind im Heimatmuseum zu besichtigen.
Auf die Bronzezeit folgte die Eisenzeit, die sich in eine ältere (Hallstattzeit) und eine jüngere Phase (Latènezeit) gliedert. Funde von Scherben wahrscheinlich hallstattzeitlicher Gefäße und Knochenreste, die in der Weisenauer Gasse, der Frankfurter Straße und der Taunusstraße zu Tage kamen, lassen darauf schließen, dass wahrend der Hallstattzeit (ca. 750 - 500 v. Chr.) eine kleine Ansiedlung im Ortskern bestanden hatte. Träger der Latènekultur (Latènezeit, ca. 500 v. Chr. - Christi Geburt) waren die Kelten, deren Kerngebiet sich von der Seine bis nach Böhmen und von der deutschen Mittelgebirgsgrenze bis ins Voralpenland erstreckte. Bischofsheim war somit Teil der keltischen Welt. Drei Brandgräber, die dem Beginn der Spätlatènezeit zugewiesen werden können (ca. 130 - 100 v. Chr.), wurden in der Gemarkung "Im Schlanken" (heute Industriegebiet) aufgedeckt. Zu den Beigaben eines der Gräber gehört eine kleine Hundeplastik aus Gagat, die einen sog. keltischen Torfhund zeigt, der in Iatènezeitlicher Zeit auch zur Tierwelt des Rhein-Main-Gebietes gehörte.
Reste einer kleinen römischen Ansiedlung, die zwischen der katholischen Kirche und der Spelzengasse lokalisiert werden kann, wurden 1929 von Gg. Mangold entdeckt. Bei den in der Bismarckstraße gefundenen Brandgräbern wird es sich um den dazugehörigen Friedhof handeln. Die Funde aus der Siedlung und den Gräbern sprechen für eine Datierung der gesamten Anlage in das 2. Jahrhundert und in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts.
Schon lange, bevor man auf die römischen Siedlungsreste im Ortsgebiet gestoßen war, hatte man auf Bischofsheimer Gemarkung einen Fund aus der Römerzeit gemacht. Im Jahr 1802 war ein Weihestein gefunden worden, den der Centurio Aelius Demetrius von der 22. Legion aus Mainz den Göttern der Zwei-, Drei- und Vierwege gestiftet hatte. Dieser Stein stand wahrscheinlich an dem Weg zur Weisenauer Fähre, vermutlich an der Kreuzung des Fahrweges mit dem Hainweg. Eine Kopie des Steines findet sich im Bischofsheimer Heimatmuseum, eine weitere ist in der Böcklersiedlung aufgestellt.
Spätestens in den Jahren 259/60 n. Chr. wurde die römische Ansiedlung in Bischofsheim aufgelassen. Zu diesem Zeitpunkt durchbrach der Stamm der Alemannen in Taunus und Wetterau den Limes und verdrängte innerhalb kürzester Zeit die Römer aus dem rechtsrheinischen Gebiet. Funde aus alemannischer Zeit sind für Bischofsheim nicht überliefert. Erst als die Alemannen ihrerseits den Franken weichen mussten, wurde in Bischofsheim wieder gesiedelt. Etwa um 500 n. Chr. ließen sich hier Franken nieder und gründeten ein Dorf, das zur Keimzelle des heutigen Ortes wurde.
Unweit dieses Dorfes legten die Franken einen Friedhof an, der in den 20er und 30er Jahren dieses Jahrhunderts in Teilbereichen ausgegraben wurde. In der Straße "Am Himmelspfad" und auf benachbarten Grundstücken konnten dabei insgesamt 70 Bestattungen freigelegt werden. Das komplette Gräberfeld, das zum Teil auf der Flur mit dem bedeutungsvollen Namen "Himmelspfad" liegt, erstreckte sich wahrscheinlich zwischen Rheinstraße und Ginsheimer Straße. Die Belegung des Friedhofes setzt um 500 n. Chr. ein und lässt sich bis in das letzte Viertel des 7. Jahrhunderts verfolgen. Im 8. Jahrhundert endet die Sitte, den Verstorbenen Beigaben mit in das Grab zu geben, so dass man nur vermuten kann, dass die im Bereich der Ginsheimer Straße gefundenen beigabenlosen Gräber dem 8. Jahrhundert angehören oder aber aus noch späterer Zeit stammen. Qualität und Zusammensetzung der Grabbeigaben deuten darauf hin, dass wir es mit einer Ansiedlung freier Bauern zu tun haben. Für das 8. Jh. ist das Fortbestehen des fränkischen Dorfes durch die Nennung einer Kirche mit dem Patrozinium des HI. Martin gesichert. Dann aber verstummen die archäologischen wie historischen Quellen, und es bleibt ungeklärt, wie die Entwicklung des Dorfes bis zu seiner ersten urkundlichen Erwähnung im 11. Jahrhundert weiterging. In einem Mainzer Codex aus dem 11. Jh. wird zum ersten Mal der Name Bischofsheim erwähnt: BISSESCHEIM CIRCA MENUM.
Um das JAHR 1200 war Bischofsheim Teil der "Megunzer Mark" (Mainzer Mark). Zehntrecht übten im Mittelalter in Bischofsheim das St. Viktorstift Mainz sowie das Mainzer Domstift aus. Bis zum Jahr 1225 unterstand der Ort den Herren von Hagen-Münzenberg. Nach einer kurzen Interimszeit fiel Bischofsheim den Herren von Hohenfels zu, die annähernd ein Jahrhundert lang über den Ort verfügten. Am 4. Juni 1331 verkauften die Gebrüder Hohenfels ihren Bischofsheimer Besitz für "vierhundert guter und geber Heller" an den Grafen Rudolf von Wertheim und an Gottfried den Jüngeren von Eppstein. Bischofsheim hatte somit zwei weltliche Grundherren. Die Zweiteilung des Dorfes wahrte bis 1579.
Der Eppsteiner Anteil kam über die Herren von Erlenbach im Jahre 1478 an den Grafen Philipp von Katzenelnbogen und ein Jahr darauf durch Heirat seiner Tochter Anna mit dem Landgrafen Heinrich III. an Hessen. Der Wertheimer Besitz von 1331 fiel im Jahre 1348 durch Verkauf an das Erzstift Mainz und im Jahre 1471 pfandweise an die von Erlenbach. Durch die Heirat der Margarethe von Erlenbach gelangte diese Dorfhälfte in hattsteinischen Besitz. Schließlich erwarb Landgraf Georg i. von Hessen im Jahre 1579 auch den mainzisch-hattsteinischen Anteil käuflich. Seitdem ist ganz Bischofsheim hessische, der andere Anteil war ja schon 1479 auf Hessen übergegangen. Mit dieser Besitzregelung zahlte Bischofsheim im Jahre 1579 als Glied des Amtes Rüsselsheim zur Obergrafschaft Katzenelnbogen, dessen Verwaltungsmittelpunkt Darmstadt war. Die Obergrafschaft Katzenelnbogen war zugleich Teil der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Für die Gemeinde Bischofsheim ergab sich damit im 16. Jahrhundert für ihre Verwaltungszugehörigkeit folgende Gliederung: Gemeinde Bischofsheim - Amt Rüsselsheim - Obergrafschaft Katzenelnbogen - Landgrafschaft Hessen-Darmstadt.
Große Not brachten die Wirren des 30jährigen Krieges über die Bischofsheimer Bevölkerung. Plünderungen und Verwüstungen durchziehender Heere sowie der Ausbruch der Pest führten zu einer radikalen Dezimierung der Bevölkerungszahl. Hatte der Ort laut einer Statistik für die beiden katzenelnbogischen Ämter Domberg und Rüsselsheim aus dem Jahr 1629 noch 455 Einwohner, sank die Zahl bis zum Jahr 1641 auf ganze 63 Seelen. Bischofsheim scheint sogar eine Zeitlang vollkommen leer gestanden zu haben, da seine Bewohner entweder geflohen waren oder in der Rüsselsheimer Festung Zuflucht gesucht hatten. Schwere Brandschäden mussten die Schule, das Rathaus, die evangelische Kirche und das Pfortenhaus hinnehmen.
Wahrend des Reichskrieges von 1672 bis 1678, des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763, nach der Französischen Revolution und nach dem Anschluss Hessens an den Rheinbund im Jahre 1806 marschierten französische Truppen in Bischofsheim ein und hinterließen Zerstörung, Plünderung und eine schwere Schuldenlast.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Bischofsheim fast ausschließlich landwirtschaftlich geprägt. Erst durch den Bau der Eisenbahn trat ein tiefgreifender Wandel ein. Am 1. August 1858 wurde durch die Hessische Ludwigsbahn-Gesellschaft die Eisenbahnverbindung zwischen Darmstadt und Mainz, die vorerst in Gustavsburg endete, eingeweiht. Da der Main noch nicht kanalisiert war, war die Eisenbahn ein wichtiger Motor der industriellen Entwicklung. Als 1862/ 63 die Mainzer Südbrücke fertiggestellt und die neue Eisenbahnstrecke Mainz - Frankfurt in Betrieb genommen werden konnte, wurde Bischofsheim zu einem der wichtigsten Güter- und Personenverkehrsknotenpunkte in Süddeutschland.
Obwohl die einheimischen Bauern dem Neuen gegenüber eher skeptisch eingestellt waren, wagten viele von ihnen den Schritt in die Neuzeit und wechselten über zur Eisenbahn. Durch den Zuzug von Arbeitskräften, die bei der Eisenbahn, bei Opel oder MAN Arbeit fanden, stieg die Einwohnerzahl bis 1895 auf 2 300 an. Familien aus ganz Deutschland fanden hier eine neue Heimat und neue Wohnungen; Straßen, Schulen, Gewerbe- und Handwerksbetriebe wurden benötigt. Bischofsheim wuchs schnell über die Dammgrenzen hinaus, zuerst in Richtung Bahnhof, sowie Bismarck- und Rheinstraße, dann nach dem benachbarten Gustavsburg. Wahrend der Amtszeit von Bürgermeister Wiesenecker (1870 - 1911) verdreifachte sich die Einwohnerzahl auf fast 4 500. Nacheinander wurde aufgrund steigender Schülerzahlen das Schulhaus am Schulplatz (1873), die Spelzengass-Schule (1896) und die Gutenberg-Schule (1926) erbaut. 1908 entstand auf Initiative des Gewerbevereins eine Gewerbe- und Fortbildungsschule für den örtlichen Handwerkernachwuchs in der Mainzer Straße.
Als der Erste Weltkrieg, in dem Bischofsheim ein kriegswichtiger Umschlag- und Aufmarschort von Truppen und Kriegsmaterial war, zu Ende ging, besetzten wiederum französische Besatzungssoldaten die Eisenbahnergemeinde. Die Gründung einer "Rheinischen Republik" und damit die Trennung vom Deutschen Reich im Jahre 1923 wurde von den reichstreuen Bischofsheimer Eisenbahnern abgelehnt. Trotz Ausweisung von 108 Familien durch die Besatzungsmacht beteiligten sie sich am passiven Widerstand und legten durch gezielte Sabotageaktionen den gesamten Bahnhof lahm.
Arbeitslosigkeit, sowie notwendige Infrastrukturmaßnahmen durch die Verlegung von Wasser- und Gasleitungen überstiegen Ende der 20er Jahre die Finanzkraft der Gemeinde und hatten am 1 . Januar 1930 die Eingemeindung zur Stadt Mainz zur Folge. Die versprochenen kommunalen Strukturverbesserungen wurden nie eingelöst, das mitgebrachte Gemeindeeigentum an Straßen und öffentlichen Gebäuden bis zum heutigen Tag nicht zurückgegeben.
Wahrend der Zeit des Nationalsozialismus wurde mit Ginsheim und Gustavsburg ein gemeinsamer Bezirk gebildet. Das demokratische Leben wurde "gleichgeschaltet", der Nationalsozialismus bestimmte alle Lebensbereiche.
Als Eisenbahnknotenpunkt war Bischofsheim im Zweiten Weltkrieg häufiges Ziel alliierter Bombenangriffe und hatte schwere Zerstörungen hinzunehmen. Am 13. Januar forderte der schwerste Angriff den Tod von über 100 Einwohnern. Am 25. März 1945 war durch den Einmarsch amerikanischer Truppen der Krieg zu Ende. 120 Tote, 60 vollständig zerstörte, 65 schwer und über 400 leicht beschädigte Hauser zerbombte Straßen und Gleisanlagen waren die schreckliche Bilanz.
Nach dem Krieg wurde der Rhein die Grenze zwischen amerikanischer und französischer Besatzungszone, und durch die verwaltungsmäßige Angliederung an den Kreis Groß-Gerau erhielt Bischofsheim seine kommunale Selbständigkeit wieder. Die Gemeindeverwaltung und der mehrheitlich sozialdemokratisch besetzte Gemeinde rat unter Bürgermeister Graf zogen 1948 in das Schulhaus und übernahmen die Verantwortung Für den Wiederaufbau.
Durch die Eingliederung von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen sowie einer boomartigen Wirtschaftsentwicklung im Rhein-Main-Gebiet setzte sich das Wachstum der Gemeinde fort. Die Neubaugebiete "Dr.-Hans-Böckler-Siedlung", "Ringstraße", "Am Bauschheimer Weg", "Im Attich" und "Im Klinker" schafften neuen Wohnraum. Der Bau der Theodor-Heuss-Schule und Georg-Mangold-Schule, einer Sport- und Kulturhalle, Kindergarten, Spielplatze und eines Feuerwehrgerätehauses, die Ausweisung von Industriegebieten und der Aufbau eines modernen Verkehrsnetzes für Bus, Bahn und Auto sorgten für eine zufriedenstellende Versorgung der Bevölkerung.